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Amiga CD³² [Commodore]

Letzte Aktualisierung am 17. August 2023 von Jungsi

Commodore Amiga CD32
Commodore Amiga CD³²

Eine Spielkonsole von Commodore? Das Commodore Amiga CD³² ist in meine Retro-Ecke eingezogen. Dieses Gerät war nicht der erste Versuch von Commodore in den Konsolenmarkt einzusteigen – z. B. kam 1990 das C64 Game System auf den Markt und 1991 das CDTV. 

Die Basis für das CD³² lieferte der Amiga 1200, der 1992 veröffentlicht und mit dem neuen AGA-Chipsatz (Advanced Graphics Architecture) ausgestattet wurde. 1992 war auch das Jahr, in dem viel falsch lief – die Spezifikationen des A1200 wurden zu früh veröffentlicht und Commodore konnte das Gerät nicht pünktlich zum Weihnachtsgeschäft ausliefern. Währenddessen wurden noch viele Amiga 600 produziert oder waren auf Lager. Da aber am Horizont schon der neue, bessere Rechner ist Sicht war, blieb Commodore auf einem riesigen Berg A600 (und A500) sitzen, womit auch viel Geld fehlte. Commodore arbeitete nach dem Prinzip etwas herzustellen, zu verkaufen und mit den Erlösen die „Rohstoffe“, die sie eingesetzt hatten, zu bezahlen. Das rächte sich nun….

Diesen Hintergrund wollte ich vorher erklären, um das weitere Geschehen besser verstehen zu können. Seit 1992 arbeitete Commodore am „CD Game System“ (intern: Amigo) und im Januar 1993 wurde das Design des Gatearray Chip mit dem Namen „Akiko“ dafür fertiggestellt. Dieser machte die Arbeit mit Bitplane-Grafiken einfacher. Diese Fähigkeit erlaubte es PC-Spiele, die bis zu 24-Bit-Grafiken verwendeten, einfach auf das neue Gerät zu portieren.
Im Februar 1993 näherte sich die Entwicklung dem Ende und da das Amigo dringend hochwertige Spiele benötigte, wurden 15 Prototypen für Spielentwickler hergestellt. Da die Gehäuse noch nicht fertig waren, wurden die Platinen auf Holzplatten geschraubt 😉 Vor der Auslieferung an die Entwickler wurde der Name von Amigo in CD³² geändert. Damit war alles gesagt: ein CD basiertes System mit einem 32-Bit-Prozessor.

Im Oktober 1992 begann auch die Entwicklung des Controllers für das Game System.  Passend zu einer Spielkonsole basierte das Design auf dem Hudson Super Joycard Controller für das Nintendo Super Famicom. Aus heutiger Sicht ist die gequetschte Form eines „U“ aus ergonomischer Sicht sehr fragwürdig. Trotzdem liegt das Joypad recht gut in der Hand. Der rote Knopf wurde etwas größer gestaltet und wird damit zum Hauptknopf. Leider ist die Verarbeitung mangelhaft und das Steuerkreuz besteht aus einer flachen Scheibe mit vier Noppen. Bei späteren Versionen wurde auf die Steuerscheibe einfach noch ein Steuerkreuz aufgeklebt.

Das Gehäuse des CD³² wurde von Don Kaminsky, der auch für das Design von A600 und A1200 verantwortlich war, entworfen. Als Ausgangspunkt diente das „Top-Loading“ CD-Laufwerk, das aussieht wie bei billigen CD-Spielern ohne Schubladen für die CDs. Immerhin war es ein Double-Speed Laufwerk!

Parallel zum Gerät selbst wurde eine extra zu erwerbende MPEG Video Decoder Karte entwickelt, die es dem CD³² ermöglichte digitale Videos von CD abzuspielen (VCD – Video CD Format). Außerdem konnten die Video-CDs des CD-i verwendet werden.

Im Juni 1993 sollte auf der CES in Chicago das CD³² vorgestellt werden, aber Commodore fehlte das Geld für einen großen Stand. Nur auf dem Stand von NewTek, dem Entwickler der Software LightWave 3D, die auf Commodore Rechnern lief, war etwas vom Amiga zu sehen. Mit dieser Software wurden Szenen für Babylon 5, seaQuest DSV und Jurassic Park erstellt.
Ebenfalls auf der CES wurde Commodores großer Konkurrent vorgestellt – das 3DO. Das Gerät kam auf der Ausstellung sehr gut an und es wurden auch erfolgreich Commodore-Entwickler abgeworben.

Die Produktion des CD³² wurde in Asien im August 1993 gestartet, damit zum Weihnachtsgeschäft genügend Geräte zur Verfügung standen. Dann begannen die Probleme größer zu werden, da Commodore zu vielen Firmen zu viel Geld schuldete und diese nur noch lieferten, wenn bar bezahlt wurde. Dazu kamen Engpässe bei den CD-Laufwerken, die nicht einfach Geräte von der Stange waren, sondern der CD-ROM Mechanismus spezifisch war. Das Geld reichte nur für Teile, damit 100.000 Geräte produzieren werden konnten. Dann wurde Commodore auch noch von einem Gerichtsverfahren mit CADtrak eingeholt, die mehrere Computerhersteller verklagt hatten, gegen Patente zur Manipulation von Bitmap Grafiken verstoßen zu haben. Ein Gericht verhängte einen Importstopp für die in Asien hergestellten CD³² Geräte. 

In Europa wurde die Konsole am 16. Juli 1993 in London vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war es die erste 32-Bit-Standalone CD-Konsole in Europa. Der große Konkurrent in Europa war Sega mit dem Mega Drive, das aber nur 16-Bit bot und mit dem Mega CD nur ein Add-on zur bestehenden Konsole bieten konnte. Das CD³² kostete zu Beginn 299 Pfund (ca. 750 DM). 
Da das CD³² schnell auf den Markt musste, fehlte die Software, die das Gerät ausreizen konnte. Somit mussten zahlreiche Titel des Amiga 1200 portiert werden. Daher standen 1993 nur 26 der versprochenen 70 Spiele zur Verfügung. Insgesamt gab es bis 1995 ca. 134 kommerzielle Veröffentlichungen.

Bis Ende 1993 verkaufte Commodore weltweit nur 166.000 CD³² (25.000 in Deutschland), wobei 400.000 nötig gewesen wären damit Commodore überleben hätte können. Schuld daran war nicht die geringe Nachfrage, sondern die eingeschränkte Produktion aufgrund fehlender finanzieller Mittel.

Im April 1994 meldete Commodore International den Bankrott an und beendete das CD³² nach nur acht Monaten auf dem Markt.

Anschlüsse
– S-Video
– zwei neunpolige Joypad Anschlüsse – Amiga kompatibel (z.B. Maus oder Joystick)
– Erweiterungs-Anschluss (z.B. für FMV Modul und die Erweiterungskarten)
– Auxiliary-Anschluss: für Amiga 4000 Tastatur

Tipps:
– ganz wichtig ist der Austausch der alten Elkos gegen moderne Kerkos, die wie auch beim Amiga 1200 leicht zum Auslaufen neigen. Dabei können auch gleich zum Teil verpolt eingebaute Kondensatoren getauscht werden.
– beim Kauf darauf achten, das die Abdeckung des Erweiterungsslots auf der Rückseite vorhanden ist
– die Scharniere des CD-Laufwerks sind empfindlich – das Laufwerk funktioniert aber weiter
– für die Lasereinheit gibt es Ersatz
– damit das Gerät heute aktuell ausgereizt werden kann ist eine Erweiterung zu empfehlen: z.B. TerribleFire oder Wicher32, erweitern das RAM auf 10MB und fügen einen IDE-Port hinzu. Wird dann noch Maus und Tastatur angeschlossen ist es praktisch ein Amiga 1200 mit CD Laufwerk
– das D-pad des Controllers ist sehr empfindlich und kann leicht defekt sein
– als Alternative zum Original Controller gibt es das HoneyBee bzw. Competition Pro Pad – abgesehen vom Namen sind beide gleich
– Netzteile: kleines/großes Netzteil – das große kann geöffnet und damit repariert werden
– verschiedene Gehäuse: weißer Commodore Schriftzug und Erhöhung hinter der CD-Klappe – ist bei dem anderen nicht – welches ist egal
– Neustart des CD³² und beide Maustasten drücken (Maus in Port 2): Early Boot Menü
– CD³²-Startbildschirm -> rechte Maustaste -> Menü für Sprachen
– CD³²-Startbildschirm -> linke Maustaste -> Speichermenü – wenn kein Speicherplatz frei ist, wird der älteste Spielstand überschrieben – im Menü können Speicherstände vor Überschreiben geschützt werden. Leider stand nur 1 KB(!) zur Verfügung, die oft schon mit nur einem Speicherstand ausgefüllt waren.
– ein guter Funktionstest für das CD³² sind die CDs „200“ bzw. „444“ die im Netz zu finden sind. Läuft bei der ersten CD der Sound und die Demos flüssig und lässt sich ohne Verzögerung durch das Menü navigieren, ist das Gerät in gutem Zustand.
– es kann auch der Megadrive- oder Master System-Controller verwendet werden (einige Knöpfe funktionieren aber nicht)
– das Joypad kann auch an den normalen Amigas verwendet werden
– wird die Maus verwendet, sollte diese an Port 2 angeschlossen werden

Für das CD³² wurde ein spezielles Kickstart (3.1) erstellt, das ein automatisches Booten der CD ermöglicht. Wird die Konsole ohne eingelegte CD gestartet, so wird ein farbenfroh animierter Begrüßungsbildschirm angezeigt. 

Bekannte Erweiterungen:
– Paravision SX1: wandelt das CD32 in einen Amiga 1200 um – u.a. IDE Anschluss, Diskettenanschluss und Steckplatz für Speicher
– DEC SX32 MK1/Mk2: wie oben
– TerribleFire 328/330
– Wicher CD32
– Indivision ECS
– Competition Pro/HoneyBee – Alternativen zum original Controller

Seriennummer
Wie auf dem Foto oben zu sehen ist, steht auf meinem CD32 „Manufactured January 1994“. Der Aufkleber lässt darauf schließen, dass das Gerät für den europäischen Markt vorgesehen war. Die Seriennummer 8510294365158001109597 kann zum Teil entschlüsselt werden:
851 = Philippinen (Produktion)
02 = 2. Kalenderwoche
94 = 1994

Spiele
Leider waren viele Spiele lieblose Umsetzungen der Diskettenversionen, es gab aber auch einige Spiele die vor allem neuen Sound/Musik erhielten, da einfach viel Platz auf den CDs war – z.B. Disposabel Hero, Xenon, Fire&Ice
CD³² exklusive Titel (viele der anderen offiziellen Veröffentlichungen waren Amiga 1200 Spiel die erweitert wurden)
– Flink
– Pirates Gold
– Diggers
– Defender of the Crown 2
– Microcosm
– Prey: An Alien Encounter
– Litil Divil
– Amiga CD Football
– Castles II
– Final Gate
– Labyrinth of time
– Lunar-C
– Summer Olympix
– Ultimate Body Blows

Commodore Amiga Chipsätze
– OCS (Original Chip Set) – verwendet in Amiga 1000, 500 und 2000 – HiRes 640×256 bzw. 640×512 (Zeilensprungverfhren PAL) mit 16 aus 4096 Farben; LoRes 320×256 (320×512) mit 32 Farben, HAM6 4096 Farben; EHB Modus (Enhanced Half Bright) – 64 Farben – 32 frei wählbar, der Rest wird wird aus den ersten 32 mit halber Helligkeit erzeugt
– ECS (Enhanced Chip Set) – Amiga 600, 500 Plus und 3000 – SuperHiRes-Modus mit 1280×256 (1280×512) mit 5 aus 64 Farben; frei programmierbare Zeilenfrequenzen und die Möglichkeit, 2 MiB Chip-Ram zu adressieren
– AGA (Advanced Graphics Architecture) – Farbtiefe von 12 bit (4096 Farben) auf 24 bit (16,8 Mio. Farben), davon können maximal 262144 Farben im HAM8-Modus in allen Auflösungen gleichzeitig dargestellt werden. Die Farbpaletten können mit AGA durchgehend 256 Einträge umfassen. Auch hier sind 2 MiB Chip-Ram möglich.
– AAA (Advanced Amiga Architecture) – 64-Bit-Grafikchipsatz der als Nachfolger des AGA entwickelt werden sollte. Leider blieb es bei drei Prototypen, die noch viele Fehler hatten.

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