Letzte Aktualisierung am 6. August 2024 von Jungsi
Nach einer intensiven Suche habe ich endlich ein Stück deutscher Computergeschichte für meine Sammlung gefunden. Der Herstellername mag vielen unbekannt sein: „VEB Mikroelektronik Wilhelm Pieck Mühlhausen (Kombinat Mikroelektronik Erfurt)“. Für diejenigen, die nach 1990 geboren wurden, sind einige Begriffe vielleicht neu, da sie aus der Zeit der ehemaligen DDR vor der Wiedervereinigung 1989 stammen. „VEB“ steht für „Volkseigener Betrieb“, was bedeutet, dass diese Betriebe im Besitz des Volkes waren und der Partei- sowie Staatsführung unterlagen. Ein Kombinat bezeichnet den Zusammenschluss mehrerer VEBs, die aufgrund ihrer Produkte zusammengehören.
Die KC85-Computer, deren Bezeichnung für Kleincomputer steht, wurden zwischen 1984 und 1990 produziert. Das erste Modell, ursprünglich als HC900 (Homecomputer) bekannt, wurde umbenannt, da der Preis von 4.300 Ostmark für private Nutzer kaum erschwinglich war. Hauptsächlich fanden diese Computer in Schulen, Bildungseinrichtungen und Universitäten Verwendung.
Die Computer aus Mühlhausen dürfen nicht mit dem KC85/1 verwechselt werden. Letzterer wurde ursprünglich als Z9001 vom VEB Robotron Meßelektronik Dresden entwickelt und später in KC85/1 umbenannt. Sein Nachfolger, der KC87, wurde in zwei Versionen herausgebracht..
Im Jahr 1987 wurde der KC85/3 eingeführt, der wie seine Vorgängermodelle mit einer 8-Bit-CPU namens U880D (1,75 MHz) ausgestattet war. Diese CPU ist ein Nachbau des sehr erfolgreichen Zilog Z80-Prozessors, der unter anderem im Sinclair ZX81, Sinclair ZX Spectrum und Schneider CPC verwendet wurde. Der Computer verfügte über 32 KB Arbeitsspeicher (erweiterbar) und 16 KB ROM. Die Grafikauflösung lag bei 320×256 Pixeln, mit bis zu 16 Farben im Vordergrund und acht Farben im Hintergrund. Der Sound war zweistimmig über fünf Oktaven.
Das erste Speichermedium für den KC waren Kassetten, was sich im Namen des Betriebssystems – CAOS 3.1, kurz für Cassette Aided Operating System – zeigt. Für das Aufzeichnen der Kassetten konnte jeder verfügbare Rekorder verwendet werden.
BASIC wird als Programmiersprache verwendet und ist bereits im ROM integriert. Im Gegensatz zum Vorgängermodell KC85/2, bei dem BASIC noch von einer Kassette geladen oder über ein Modul ergänzt werden musste, ist es hier direkt verfügbar. Interessanterweise war dieses BASIC deutlich leistungsfähiger als das des Commodore 64. Alternativ konnten natürlich auch Maschinensprache, Pascal oder Forth verwendet werden.
Die modulare Erweiterbarkeit war eine herausragende Eigenschaft der KC-Rechner, die bei westlichen Computern selten anzutreffen war. Im Basisgerät befanden sich zwei Modulschächte für diverse Erweiterungen, wie zum Beispiel RAM-Erweiterungen, parallele (etwa für Drucker) und serielle Schnittstellen sowie analoge und digitale Ausgänge. Viele Module wurden speziell für die Anforderungen der Betriebe entwickelt, in denen die Rechner genutzt wurden. Doch das war nicht alles – es gab auch Erweiterungsaufsätze, die auf das Basisgerät gesetzt und an der Rückseite des KC85 angeschlossen wurden. Dadurch ließen sich beispielsweise die Modulplätze verdoppeln oder ein Diskettenlaufwerk mittels eines Floppy-Aufsatzes anschließen. Der Floppy-Aufsatz, der 1988 auf den Markt kam, verfügte über eine eigene U880D CPU und 64 KB Speicher, was sogar die Ausführung von CP/M ermöglichte.
Der KC85 wurde üblicherweise über ein Antennenkabel mit dem Fernseher verbunden, ermöglichte jedoch auch die Ausgabe eines RGB-Signals über SCART mittels eines geeigneten Kabels. Anders als viele Computer im Westen waren bei diesem Modell der Rechner und die Tastatur separate Einheiten.
Der KC85/4 kam 1988 auf den Markt und bot erweiterte Funktionen – mit einem Speicher von 64 KB, einem ROM von 20 KB und einem Bildschirmspeicher von ebenfalls 64 KB. Zudem wurde das CAOS-Betriebssystem auf Version 4.1 aktualisiert. Der letzte Computer der KC-Reihe, der KC compact, unterschied sich deutlich von seinen Vorgängern, da er ein Klon des Amstrad/Schneider CPC 6128 war, jedoch ohne eingebautes Diskettenlaufwerk und lediglich mit 64 KB Speicher.
Es wurden ca. 50.000 Geräte der KC-Reihe hergestellt.
Software wurde auf Kassetten und Modulen angeboten. Das VEB bot Spielesammlungen für 38 Ostmark je Kassette zum Verkauf an. Aufgrund des Mangels an Nachschub wurden Hobby-Entwickler kontaktiert, um deren Programme zu lizenzieren. Üblicherweise tauschte man Software auf Veranstaltungen oder versandte sie per Post. Viele Spiele waren Klone von westlichen Spielen – wie Breakout, Boulder Dash, Bomb Jack, Kaiser und andere.
Module
Es gab 15 „offizielle“ Module, wobei das einzige Modul, das ich aktuell für den KC85/3 in meiner Sammlung habe, das Modul M011 ist. Es erweitert den Arbeitsspeicher des KC um 64 KB (vier Blöcke mit je 16 KB).
Module können mit dem Befehl SWITCH aktiviert und konfiguriert werden – SWITCH mm kk
– mm ist die Nummer des Modulschachts – die erste Stelle ist die Nummer des Aufsatzes – das Basis-Device hat Nummer 0 – das kann weggelassen werden.
SWITCH 8 – auslesen des Strukturbytes (Modulschacht 8 im Basisgerät)
SWITCH 8 1 – Modul wird aktiviert (Speicher ist schreibgeschützt)
Tipps
Programme können direkt vom PC mit dem Programm KCLoad geladen werden (nur TAP-Dateien)
Dateien im Netz können verschiedene Endungen haben:
– TAP = Tapedatei auf dem PC gespeichert (keine WAV-Datei, sondern die enthaltenen Dateien)
– KCC = das gleich wie TAP, aber anderer Dateiaufbau
– SSS = Basic-Dateien (Format wie KCC)
– COM = MicroDOS-, MLDOS- oder CP/M-Programme
– PMA = Archivdatei Packprogramme: pcmarc/pmext für CP/M und lha für Linux
Die TAP/KCC/SS-Dateien können mit jkcemu in wav-Dateien konvertiert und mit der Soundkarte „abgespielt“ werden. Link
KCC und KCB Programme werden mit LOAD geladen
SSS (und TTT bzw. UUU) werden mit CLOAD aus BASIC geladen
KCCConv = Konverter – Link
USB für KC85: M052
CLOAD
BASIC starten (ENTER bei MEMORY END?)
CLOAD“NAME“ eingeben (noch nicht Enter)
Kassette o.ä. starten
beim Vorton Enter drücken
Da ich kein Experte für diesen Rechner bin, bitte ich um Entschuldigung für mögliche Fehler. Es ist nicht immer leicht, die Fülle an Informationen aus dem Internet zu einem Gesamtbild zu vereinen. 🙂
Falls es Ergänzungen, Korrekturen oder weitere Tipps von Lesern gibt, informieren Sie mich bitte, damit ich den Artikel aktualisieren kann.
Links
Bekannte DDR-Spiele
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