Letzte Aktualisierung am 13. April 2023 von Jungsi
In diesem Artikel wage ich einen kurzen Abstecher in die französische Heimcomputerszene, da ich einen Rechner der französischen Firma Thomson erhalten habe. Der TO-7/70 wurde 1984 zusammen mit dem MO-5 vorgestellt und während dieser der Philosophie des TO-7 folgte und diesen erweiterte, war der MO-5 eine abgespeckte Version. Die Idee dahinter war, einen französischen Heimcomputer zu entwerfen, der in der Lage sein sollte, mit dem Sinclair ZX Spectrum oder dem Commodore 64 zu konkurrieren.
Der Rechner hatte in Deutschland keinen großen Erfolg, obwohl er hard- als auch softwareseitig einige Features bot, die anderen Rechnern nicht einmal per Erweiterung zugänglich waren.
Im August 1979 beschloss Thomson in Frankreich in die Welt der Mikorcomputer einzusteigen. Ein Team von drei Entwicklern erstellt den ersten Prototyp des späteren TO7. Wie immer gab es viele Probleme auf dem Weg dorthin und im Oktober 1980 ist ein Modell funktionsfähig mit dem Motorola 6800. Während der Tests entstand die Idee den Lightpen hinzuzufügen, da dies kostengünstig realisiert werden konnte. Das ursprüngliche BASIC wird dann durch Microsoft BASIC ersetzt, muss aber noch angepasst werden, da schließlich ein 6809 Prozessor eingesetzt wurde.
Für die Produktion in größerem Maßstab musste erst noch ein Fabrik gebaut werden, was nochmal zwei Jahre dauerte. Der TO7 wurde 1982 auf der Sicob vorgestellt, war aber erst während des Jahres 1983 wirklich verfügbar.
1985 – 1987 wurde der TO7 und ab 1984 der TO7-70 an den Schulen in Frankreich eingesetzt. Dabei diente er als Terminal für das Schulnetzwerk „Nanoreseau“.
Software des TO7 konnte auf seinem Nachfolger eingesetzt werden, aber nicht umgekehrt. Der TO7-70 bot eine bessere Tastatur, mehr Speicher (64 KB/22 KB), mehr Farben (16/8). Der Zusatz „70“ im Namen steht für 64+6 (64 KB RAM + 6 KB ROM).
1985 kam die Version des TO7-70 mit mechanischer Tastatur auf den Markt und wurde auf der Hannover Messe vorgestellt.
Die Nachfolger TO-8 und TO-8D kamen 1986 auf den Markt. Wenn ich richtig gerechnet habe, dürft der Rechner ca. 1.500 DM gekostet haben.
Es gibt unterschiedliche Varianten des Gehäuses und der Tastatur. Meine Version (ohne Scart-Anschluss) hat eine Schreibmaschinentastatur mit QWERTY-Layout. Es gibt auch eine Version mit „Gummitastatur“ wie vom Spectrum 48K bekannt. Ich habe auch ein Modell mit Scart-Anschluss, das mit einer Tastatur im AZERTY-Layout, wie in Frankreich üblich, ausgestattet. Auch auf meiner Tastatur sind die akzentuierten Buchstaben erreichbar (6, 7, 8, 9 und 0 zusammen mit der Taste ACC).
Auf der linken Seite befindet sich der Modulschacht für die ROM-Cartridges namens Memo7, der durch eine Klappe geschützt wird. Die Klappe lässt sich durch einen vorn angebrachten Drucktaster öffnen. Rechts oben ist der Resetknopf zu finden. Links daneben liegt unter einer Klappe verborgen der eingebaute Lichtgriffel. Bei Verwendung wird der Lichtgriffel zur gewünschten Position auf dem Bildschirm bewegt und kurz dagegen gedrückt, um eine Aktion zu starten. Diese Technik funktioniert leicht und erstaunlich präzise.
Auf der Rückseite des Rechners befinden sich vier Erweiterungsanschlüsse für alle möglichen Geräte, für die aber jeweils das passende Interface benötigt wird – egal ob Drucker, Joystick oder Diskettenlaufwerk. Das machte die Erweiterung des TO7-70 nicht gerade billig.
Bereits nach dem Einschalten steht ein Menü zur Verfügung, das bequem mit dem Lichtgriffel bedient werden kann (alternativ auch mit der Tastatur). Je nachdem, was angeschlossen bzw. ob ein Modul eingelegt ist, kann über ein Menü – per Tastatur oder Lightpen – die Auswahl getroffen werden.
Der TO7-70 verfügt über kein eingebautes Basic. Dieses steht als Basic bzw. Basic 128, das von Microsoft lizenziert wurde, als Modul zur Verfügung. Dabei ist BASIC 128 extra für den TO7-70 (TO9,Mo5NR und MO6) und beinhaltet das DOS und neue Befehle.
Leider musste BASIC extra gekauft werden, da es nicht zur Grundausstattung zählte. Für Software, die es auf Cartridge gab, war das zwar kein Problem, aber für Software auf Kassetten, die fast immer das BASIC-Modul als Grundvoraussetzung hatten.
Als Prozessor wurde in diesem Rechner ein Motorola 6809E mit 1 MHz Taktfrequenz verwendet. Zur Seite standen ein ROM mit 6 kB und 64 kB RAM als Speicher, von dem für den Anwender 48 KB zur Verfügung standen. Im Textmodus werden 40 x 25 Zeichen angezeigt und die Grafik hat eine Auflösung von 320 x 200 Pixel. Der Rechner verfügt über 16 Farben, die Tonausgabe erfolgt in Mono. Es konnte eine Speichererweiterung auf 112 KB erworben werden.
Schnittstellen:
– 3 x Systembus
– Speicherbus
– Steckmodul
– Kassette
– Audio
– Video
– HF-Modulator
Modelle
TO7: 24 KB Speicher und 8 Farben (1982–1984)
MO5: 48 KB Speicher und Gummitastatur (1984) – Sondermodell „MO5 Michel Platini“
TO7-70: 64 KB Speicher und 16 Farben, normale Tastatur (1984)
MO5E: Version für den Export, mit einer mechanischen Tastatur, parallel Eingang, zwei Joystick-Ports (1985)
TO9: voneinander getrennte Tastatur und Zentraleinheit (wie bei Amiga 1000), 128 KB RAM und eingebautes 3,5“ Laufwerk (1985)
MO5 NR: MO6 mit integrierten Netzwerk für Schulen (1985–1986)
TO16: leider nur 5 Prototypen mit Motorola MC68000 und einer guten Grafikkarten (1985–1988)
MO6: 128 KB Speicher und eingebauter Kassetten Rekorder (wie Sinclair +2); wurde in Italien als Olivetti Prodest PC128 verkauft (1986)
TO8: 256 KB Speicher, 80 KB ROM und Microsoft BASIC 512 sowie mehr Video-Modi (1986)
TO9+: TO9 mit 512 KB Speicher und eingebautem Modem (1986)
TO8D: TO8 mit eingebauten 3,5“ Diskettenlaufwerk (1987)
Vielleicht fällt dem Leser auf, dass hier nur mehr Speicher, andere Tastatur oder auch ein eingebautes Diskettenlaufwerk erwähnt wird, aber kein anderer Prozessor. Stimmt! Alle Geräte, die auf den Markt kamen, hatten immer noch das gleiche Herz. Auch Thomson hat den frühzeitigen Aufsprung auf den 16-Bit Heimcomputer-Mark verschlagen – ob schlechtes Management oder weil die Firma zu dem Zeitpunkt mehrheitlich dem Staat gehört, ist mir nicht bekannt.
1987 wird noch ein IBM kompatibler PC mit Intel 8088 Prozessor veröffentlicht – der TO16 kommt doch noch auf den Markt, aber anders als gedacht. Auch dieses Gerät wird hauptsächlich an Schulen eingesetzt (ca. 130.000 Stück).
Je nachdem, welches Modell des Rechners vor einem steht, unterscheiden sich die Möglichkeiten des Anschlusses an einen Bildschirm. Es gibt eine Variante, die nur einen SCART-Anschluss bietet und eine mit einer 5-poligen DIN-Buchse, die ein Composite-Signal zur Verfügung stellt sowie einen Antennen-Anschluss.
Leitfaden zum Thomson TO7-70
Mit den ersten beiden TO7-70, die ich erhielt, hatte ich Pech. Der erste bot kein sauberes Bild per Composite (und später gab das Netzteil Rauchzeichen von sich) und der zweite Rechner hatte gar keine Bildausgabe. Mit dem dritten Rechner hatte ich endlich Glück – französische Version mit Scart-Anschluss.
Als Zubehör habe ich den passenden „Programm-Rekorder“, der auf linken Seite des Rechner angeschlossen wird. Das Laden von Kassette funktioniert wie gewohnt – Kassette einlegen, Rechner einschalten, am Rekorder die Play-Taste drücken und im Menü die Kassette auswählen. Danach wird der Rekorder automatisch auf Play geschaltet und die Software geladen.
Thomson TO7-70 Video Belegung
Ein wirklich interessantes Gerät und für Homecomputer-Sammler ein breites Spektrum an unterschiedlichen Geräten. Leider ist es nicht ganz einfach Geräte zu erhalten, da diese in Deutschland nicht so verbreitet sind.
1982 – 1986 waren nur sechs Jahre, in denen Thomson mit den 8 Bit Rechnern aktiv war und in Deutschland stellten sie nur eine Randnotiz dar, trotzdem wuchsen viele französische Kinder und Jugendlichen mit diesen Geräten auf.
Gibt’s dafür (schnelles) RS232?
Dazu habe ich leider keine Infos gefunden bei meinen Recherchen.